Tabitha Hanan: Eierschalentanz

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Ich tanze den Eierschalentanz.
Habe Eierschalen unter meine Füße gebunden.
Frag mich nicht wieso, das gehört sich einfach so,
Sagt man mir jedenfalls.

Dieser Tanz ist beliebt, glaub mir,
Sobald du den tanzt, klatschen sie dir zu,
Ja, dann mögen sie dich.
Augen leuchten auf, Köpfe drehen sich dir zu,
Kein böses Wort kommt über ihre Lippen.
Schau nur wie sie tanzt, so graziös, so feminin,
Ach, so nett.

Eierschalentanz, dank dir trete ich leise auf,
Niemanden anrempeln, Schultern hochgezogen,
Augen rechts und links, tanzen ja,
Nur nicht so wild,
Die Hüften nicht zu sinnlich bewegen,
Schön grau bleiben,
Tanzen ohne zu sehr zu tanzen,
Da sein und doch unsichtbar,
Wütend, aber bitte leise.

Ein Eierschalentanz, ich schwenk die Arme,
Du denkst, ich tanze frei –
Siehst nicht die bedachten, kontrollierten Bewegungen,
Siehst nicht, wie ich beobachte, wie andere mich beobachten,
Siehst nicht die Eierschalen unter meinen Füßen
Und die Angst, falsche Schritte zu machen,
Jemandem auf die Füße zu treten,
Zu laut, zu hässlich zu sein,
Behutsam laufe ich nur.

Wenn du wüsstest.
Wüsstest, wie ich ohne Eierschalen abgehen kann.
Alles, was wild und ungehemmt ist, ist doch schön!
Der Wind peitscht mir entgegen,
Mein Puls rauscht in meinen Ohren und
Es ist nicht alles elegant.

Ja, die Bewegungen sind chaotisch,
unkoordiniert, unbeholfen.
Ja.
Und?
Wen kümmert es?
Wirklich. Wen kümmert es?

Ich kreise meine Hüften langsam
Und werde immer schneller,
Fallen lassen,
fließen, alles im Fluss,
Alles muss raus,
Es gibt kein Halten,
Keine Choreografie und
Keine Scham mehr.

Ich setze meine Füße mit Wucht auf den Boden,
Lass es krachen,
Ich tanze, ja, mit Eierschalen,
Doch die sind kaputt,
Hängen mir in Fetzen weiterhin unter den Füßen
Doch wen kümmert es.
Ich nehme sie mit,
Sie bleiben ein Teil von mir,
Doch so tanze ich jetzt wilder und ungehemmt
Und trete anderen auf die Füße,
Entschuldige mich lächelnd bei ihnen,
Ich remple an und mache so neue Bekanntschaften.
Ich mache falsche Schritte und lache dabei,
Beobachte nicht dich, sondern wie es sich in mir anfühlt.
Ja, ich bin weniger adrett und manche störts,
Doch denen werfe ich lächelnd
Eine Kusshand rüber.

Tabitha Hanan
Tabitha Hanan

Tabitha Hanan ist Autorin, Lyrikerin und Spoken Word Artistin. Aufgewachsen in Ägypten, bringt sie eine globale Perspektive in ihre Werke mit ein. Derzeit lebt und arbeitet sie in Berlin.

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