Fußball ist Leidenschaft, ist Religion oder nervt. Fußball ist die wichtigste Nebensache der Welt, angeblich systemrelevant, ein Milliarden-Euro-Business. Aber: Ist Fußball auch Kunst?
Es gibt Leute, die einen schönen Pass mit einem Gedicht vergleichen. Aber macht das den Sport gleich zum Kunstwerk? Wir sind uns nicht ganz sicher. Was passiert, wenn man nicht nur die körperliche, sondern auch die denkerische Arbeit im Fußball würdigt? Könnte es sein, dass auf den Trainerbänken die Karajans des Sports sitzen? Ist es wirklich so anders, ob jemand am Theater, am Filmset oder am Fußballfeld Regie führt? Dies ist ein Talk nicht nur für Fußballfans! Denn wir finden beim Gespräch über den Sport auch eine ganze Menge über Kunst heraus. Lasst euch überraschen.
Noch bevor ich Euren Talk gehört habe möchte ich die Eingangsfrage mit einem klaren Ja beantworten. Vor Kurzem sah ich ein Video mit Toren aus Fallrückziehern von u.a. Cristiano Ronaldo und Gareth Bale. Das ist Körperbeherrschung in höchster Vollendung. Oder man schaue sich das Tor von Maradona bei der WM gegen England an (nicht die „Hand Gottes“, das andere), wo er von der Mittellinie ein Solo startet und alle englischen Verteidiger überspielt. Wenn das nicht Kunst ist, dann weiß ich nicht.
Da werden dir mit Sicherheit Fans aus der ganzen Welt zustimmen! Aber die Frage ist ja schon: Ist Kunst allein Können, oder hat sie noch etwas anderes zu bieten? Darüber reden wir. Bin gespannt, was du sagst, wenn du den Talk gehört hast. Liebe Grüße!
Nachdem ich mir den Talk jetzt zur Gänze angehört hab, möchte ich Euch dahingehend recht geben, dass Fußball vielleicht nicht per se Kunst ist.
Aber grundsätzlich denke ich, hat Kunst schon auch was mit Können zu tun. Wie viele schlechte Filme hab ich schon gesehen, wieviele bestenfalls mittelmäßige Bücher gelesen, von der Musik, die mir aus dem Format-Radio entgegenschallt gar nicht zu reden. Andererseits ist auch das mit dem Können wieder relativ. Vielleicht habt ihr von den Künstlern vom Steinhof in Wien gehört. Das ist eine psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses, wo Menschen mit psychischen Erkrankungen z.B. zum Malen gebracht wurden und einige international richtig erfolgreich wurden.
Noch ein wenig off topic: Dass Bob Dylan nur vier Akkorde, nicht Mundharmonika spielen und nicht singen kann – das zu behaupten ist so, wie letztens Gofi behauptete, Udo Jürgens war Schlagersänger. Sicher ist Dylan an der Gitarre eher Durchschnitt. Aber wusstet Ihr, dass er für Harry Belafonte in den 50ern auf Platten Mundharmonika spielte und das richtig gut. Auch sein Gesang ist umstritten, klar. Aber ich hab mal versucht, z.B. den Song „Blind Willie McTell“ so zu interpretieren wie er und da wurde mir klar, wie herausragend er singen kann. Ausserdem hat er seine Singstimme im Laufe seines Lebens immer wieder verändert.
Das musste ich als Dylan-Fanboy einfach klarstellen.
Liebe Grüße
Bernhard
O ja, du meinst Art Brut oder Outsider Art. Da gibt es wirklich tolle Sachen! Bin gespannt, was der Jay zu Dylan sagt. 🙂
Du hast natürlich vollkommen Recht, dass sich Dylan im Laufe seines Lebens zu nem respektablen Sänger gemausert hat, aber in seinen Anfangstagen war es doch nicht der Gesang, mit dem er geglänzt hat (obwohl er natürlich unverwechselbar war), oder? Und wenn er für Harry Belafonte Mundharmonika gespielt hat (hey, das habe ich tatsächlich nicht gewusst), dann kann Belafonte entweder nicht sehr anspruchsvoll gewesen sein oder Dylan muss bei seinen eigenen Sachen bewusst auf Understatement gesetzt haben 😉 .
Aber ja, ich gebe ja zu, dass ich da ein Klischee geritten habe, das leicht auseinanderzunehmen ist. Sei dir gegönnt 🙂
LG,
der Jay
Also ich würde sagen, wenn man sich bestimmte Mannschaften oder auch Spiele ansieht und was sie für die Definition des Stadtteils, der Stadt oder eines Landes bedeuten, kann man schon klar von Küstler*innen sprechen.
Schaut mal auf das weiße Balett Real Madrid in den 50ern, Gladbach in den 70ern, oder die jugoslawische Nationalmannschaft Anfang der 90er.
Die hatten eine Kraft der Imagination auch über Landesgrenzen hinaus.
Oder der AC Milan, Ajax Amsterdam mit Van Basten,
Die haben die bis dahin geltenen Raum-Zeit-Gesetze im Fußball außer Kraft gesetzt.
Da war jedes Spiel eine magische Show, purer Sex, Man oder Frau ;->)
Bin übrigens BVB Fan, das Finale der Champions League 97 hat mich entgültig in den Bann gezogen.
der SC Freiburg Spruch.. Junge Junge, die sind doch seit Jahren die erfogreichste Indie Band der liga 🙂
ist das Riff von den White Stripes eigentlich fußball Kunst? Wenn ich den Tor Jingle der Bayern höre, glaube ich nicht.
Also erstmal: Herzlichen Glückwunsch zum Pokal. das hat mich sehr für euch gefreut. Und was den Freiburg-Spruch angeht: natürlich hast du Recht. ich hab direkt, nachdem ich ihn gesagt habe, gedacht, na ja, das ist aber eigentlich auch schon lange nicht mehr der Fall. Old Vorurteile die hard. Der Tor-Jingle der Bayern treibt mir übrigens immer die Fremdschamröte ins Gesicht.
anscheinend ist die Melodie von ner italienischen Sportsbar nach Belgien, zurück nach Italien und von da zur EM geschwappt. Dann haben es auch die Bayern bemerkt 😉
Bin nicht böse wegen dem Freiburg Spruch, dachte nur Köln oder Schlakke würde besser passen oder edr ausgestorbene Dino
Jup. Hoffe, dass Bremen nicht der nächste ausgestorben Dino ist.
Hi Gofi!
Bekam vor Kurzem Zuspruch von einem Hertha-Fan auf Arbeit, dass es der Thomas Schaaf noch gerade biegt und er weiß, was wir Werderaner durchmachen.
Wobei, das Buch von Richard Rohr ,,Nur wer absteigt, kommt auch an“ könnte wegweisend sein. Im Leben und im Fussball.
Habe Eure Folge noch nicht gehört, werde sie aber genüsslich noch vor dem letzten Spieltag hören.
Hmm, was hat Fussball mit Kunst zu tun?
Kunstrasen ist im Fussball auf jeden Fall scheiße, finde ich,
Künstlich aufregen, tun sich viele deutsche Bundesligaspieler auch,
trotz der hohen Gehälter.
Wahre Künstler waren für mich Bernd Schuster (Freistösse und Flanken) oder zum Beispiel Uli Borowka und Mario Basler. Es ist damals eine Kunst gewesen, vor und nach dem Spiel zu saufen und dann noch abzuräumen und das Tor zu treffen.
In der heutigen Zeit scheint die Frisur den meisten Spielern wichtiger zu sein.
Ich vermisse auch Charaktere wie Wynton „Kiwi“-Rufer, Miroslav Klose oder Johannes B. Kerner. Ach, nee, nicht Kerner, ich meinte Thomas Berthold.
Und weil ich den ganzen Kommerz im Fussball immer mehr satt habe, freue ich mich in der Schule den Jungs und Mädels beim Fussball zuzuschauen und sie zu motivieren.
Liebe Grüße und ein grün-weißes Wochenende!
Sören
Ja, der Uli. Bei Braveheart wird ja am Ende von ‚Kriegerpoeten‘ gesprochen. ich denke, dass er der auf einem Schlachtfeld gegen die englischen Aristokraten auch gut ausgesehen hätte, mit Kilt oder ohne. ich muss aber eine Sache für den Kunstrasen sagen: Gewässert ist er sauschnell, und wenn man drüber rutscht, tuts auch nicht so doll weh. Nur wenn er trocken ist, dann ist schlimm. Ansonsten: Das Wort deines Kollegen in Gottes Ohr! Und hoffentlich ändert sich in Bremen endlich mal was.
Hey Gofi!
Stimmt, Du hast recht mit dem Kunstrasen. In meiner Jugend war er leider nicht bewässert, aua. Oder auch in der Halle mit kurzer Hose gab es so manche Brandwunde durchs Rutschen.
Ich finde das auch bei anderen Vereinen blöd, dass mir die Kinder in der Schule erzählen müssen, wer noch bei Bremen spielt oder schon wieder weg ist. Das war zu König Otto’s Zeiten noch anders.
Ich danke Dir und Jay für den schönen Talk!!! Ich glaube, Du hast da viel mehr Ahnung als ich. Manchmal sind bestimmte Trainer für mich ‚Philosophen‘, die den Spielern auch abseits vom Platz was mitgeben.
Hoffentlich geht es heute gut mit Werder, ich bin echt aufgeregt und esse zuviel.
Viel Kraft heute für Dich!
Da hat der Jay jetzt die Nase vorn 🙂
LG Sören