Der Pakt

Screenshot aus dem offiziellen Video von Kid Kopphausen: ‚Das Leichteste der Welt‘.

Gestern habe ich den Tag mit zwei guten Freundinnen verbracht. Wir suchten uns einen schattigen Platz auf den Wiesen am Fluss, da, wo das Gras noch nass war, weil man es in der Sonne schon nicht mehr allzu lange aushalten konnte. Vorher hatten wir einen Besuch beim Bäcker gemacht und hatten uns mit Brötchen und Kaffee versorgt. Und dann blieben wir den gesamten Mittag und Nachmittag über dort, bis sie schließlich ihre ziemlich weite Heimreise antreten mussten.

Wir sprachen über das Leben, den Glauben, die Kunst. Über alles Mögliche eigentlich. Und dann erzählten sie mir von einem Pakt, den sie schon als Kinder geschlossen hatten. Sie hatten sich vorgenommen, niemals zu vergessen, wie es ist, ein Kind zu sein. Denn aus ihrer kindlichen Perspektive waren fast alle Erwachsenen ziemlich komisch und benahmen sich merkwürdig. So wollten sie nicht werden. Dieser Pakt gilt für sie bis heute.

Das hat mich beeindruckt. Und es hat mich an ein Lied erinnert, das ich Dir im GOFIGRAMM schon einmal empfohlen habe, so meine ich zumindest. Es ist „Das Leichteste der Welt“ von Kid Kopphausen.

Für mich drückt das Lied genau diese Haltung aus, diese positive, lebensbejahende, im besten Sinne kindliche Einstellung:

„Und also öffne ich meine Arme, ich öffne sie, so weit ich kann
Denn jeder Tag ist ein Geschenk, er ist nur scheiße verpackt
Und man fummelt am Geschenkpapier rum und kriegt es nur mühsam wieder ab

Doch ja, ich weiß jetzt, es gibt Menschen, die diese Welt durchaus rechtfertigen
Die durch ihr bloßes Dasein andern Menschen leben helfen
Die lieben und lieben und lieben und lieben und lieben und lieben
Als wäre es das Leichteste der Welt

Ich will einer von Ihnen sein
Ich will einer von Ihnen sein
Oh ja, ich will
Oh ja, ich will“

Und wenn es am Ende heißt „Never mind the darkness, baby, you will be saved by Rock’n’Roll“, dann ist das eben nicht der Rock’n’Roll von Till Lindemann, den einige ältere Herren irgendwie auch in Schutz genommen haben, als sie den missbrauchten jungen Frauen erklärten, dass sie sich doch gar nicht wundern bräuchten, dass ihnen das passiert sei, weil das nun einmal Teil von Sex and Drugs and Rock’n’Roll sei, unmoralisch, das schon, ja klar, aber eben nicht verboten, vielleicht sollten sie in Zukunft einfach ein bisschen besser aufpassen, nein, es ist eben nicht dieser Rock’n’Roll, sondern es ist das unbändige Ja zum Leben, das wir mal als Kinder hatten, bevor es uns aufs Maul gehauen hat. Ich finde das eine gute Idee, sich das zu bewahren. Trotz allem.


Dieser Text ist ein GOFIGRAMM. An jedem Montag erscheint eine neue Ausgabe. Du kannst das GOFIGRAMM kostenlos hier abonnieren.

Gofi Müller
Gofi Müller

Gofi Müller, Jahrgang 1970, ist Autor, Künstler und Podcaster und lebt in Marburg an der Lahn. Er produziert, moderiert und verantwortet COBAINS ERBEN, malt, schreibt und gibt Lesungen. Zuletzt erschien sein Kurzgeschichtenroman 'Huchting – Geschichten von der Straße' im Adeo Verlag.

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