Da ist ne lila Katze in meinem Haus.
Sie kommt einfach so rein,
legt sich auf mich drauf.
Sie muss einhunderttausend Tonnen wiegen.
Und ich dreh mich rum,
ich bleib einfach liegen.
Nachts füllt sie Blei in meine Decke,
nagelt den Kopf am Kissen fest.
Hängt mich in Schleier,
die selbst dann noch bleiben,
wenn sie mich verlässt.
Doch sie kommt jedes Mal zurück.
Hat jedes Mal noch mehr Gewicht.
Und will ich mich mit meinen schweren
Fäusten wehren,
dann besiegt sie mich.
Fast lächerlich.
Sie schickt mich schlafen,
viel zu früh und hält mich danach wach.
Weil ihre Eisenpfoten
machen auf dem Boden
zu viel Krach.
Und bin ich wach,
dann bin ich müde, auch am Tag,
ich halt’s nicht aus.
Ich komm hier nicht zur Ruhe,
ne lila Katze läuft durchs Haus.
Sie liegt auf meiner Schulter,
wenn ich erste Schritte mach.
Hängt sich mit ihren Krallen
an meinen Mund,
zieht ihn nach unten, wenn ich wieder lach.
Und wenn ich in den Spiegel schau,
in Tagebüchern ungenau
versuche festzuhalten,
was mal leicht ging oder schnell –
dann ist da nur lila Fell.
Wie eine Brille, die mir festgewachsen
ist, an meinen Schläfen.
Würdest in lila Augen blicken,
wenn sich unsre Blicke träfen.
Doch ich schau nur auf den Boden,
will nicht stolpern übers Tier.
Ich bin allein, doch nicht allein,
die lila Katze ist ja hier.
Sie sitzt in meinen Schuhen,
und ich schleif sie durch die Stadt.
Ist fast abstrakt,
weil es so wirkt,
als ob sie mich an der Leine hat.
Will alles, nur nicht stehenbleiben,
doch ich dreh mich nur um mich.
Mein Kosmos endet und beginnt
in meinem eigenen Gesicht.
Die Katze sitzt auf meinen Augen,
wenn die Sonne scheint.
Sie ist wie ein Gedicht aus Traurigkeit,
das es nicht sagt, mich aber trotzdem meint.
Sie sitzt auf meinen Ohren,
macht Musik zu Katzenjammer.
Und baut die Räume meiner Seele
um zur Waffenkammer.
Sie sitzt in jeder Faser
meiner Mäntel und Gedanken.
Und klammert sich um mein Skelett
wie Backstein-Efeu-Ranken.
Sie sitzt zwischen den Tasten,
wenn ich schreiben will.
Sie zieht mich zu sich hin,
wenn ich mal weiterwill.
Sie flüstert leise Worte,
immer wieder, bis ich nachgeb.
Und irgendwann die leisen Worte
immer lauter nachred.
Mit ihr werden die Gläser, die ich trink
von halb zu gänzlich leer.
Vielleicht, weil ich schon wieder trink,
ich weiß es selbst nicht mehr.
Mit ihr werden die satten Farben matt,
und die Lieder, die ich mag, zu schrill.
Und bei den Menschen, die ich hab,
werd ich immer öfter still.
Und wenn die dann mit mir sprechen,
dann redet sie dazwischen,
und macht, dass Chloroform
und Lichtmomente sich vermischen.
Und sie lacht, wenn jemand das,
was ich hier fühl, nur Weltschmerz nennt.
Weil sie es besser weiß, und trotzdem schweigt,
und mich am besten kennt.
Halt lieber Abstand, Pfotenlänge,
sonst fährt sie ihre Krallen aus.
Wenn du zu lange auf sie schaust,
schaut sie zurück, springt auf dich drauf.
Sie springt in deine Augen
und zerkratzt dir dein Gesicht.
Und du kannst es nicht verstehen,
doch irgendwie beschützt sie mich.
Und irgendwie sind meine Finger Fäden.
Es ist viel zu lang vergangen als
ich bemerk, dass diese Fäden
zu dem Band gehen,
an ihrem Hals.
Aber ich hab mich längst gewöhnt,
an diese Katze an mir dran.
Du sprichst zu mir und schaust mich an,
ich schau zurück und bau ne Wand
aus Beton ohne Tür.
Lass nur ne Katzenklappe für
die lila Katze, taucht sie auf,
hol ich sie rein,
und schließ dich aus.
Wir sind alleine,
ich und meine
lila Katze neben mir.
Und gemeinsam drehen wir –
kannst davon halten,
was du eben davon hältst –
uns weiter um uns selbst.