Happyland,
ein Zustand, ein Ort,
das Land,
in dem wir leben.
Hier sind wir uns einig:
alle Menschen sind gleich,
gleich wertvoll
gleich ob schwarz oder weiß,
gleich ob arm oder reich.
Das ist Happyland.
Hier tragen wir rosahautfarbene Brillen,
was wir sagen, ist nie bös gemeint, stets nur gute Absichten.
Mein jüngeres Ich, 12 Jahre, ganz unbedarft,
und wissbegierig im Dschungel der Kulturen,
neben mir in der Schule, Alia,
meine beste Freundin,
geboren in Deutschland, ihre Eltern aus Pakistan.
In ihrem Zuhause eine bunte Mischung aus Sprachen,
Gebetsteppichen und intensiv
duftenden Gewürzen in der Küche.
Wir beide, ein Herz und eine Seele.
Lauthals sangen wir ihr Lieblingslied:
„No matter if you´re black or white“
Doch dann, mit den Jahren, entstand in mir eine Unsicherheit:
Was darf Mensch sagen? Und was verursacht Leid?
Bist du „schwarz“ oder „braun“ oder einfach „farbig“?
Ist Schwarz, Gelb, Braun überhaupt zutreffend – als Bezeichnung für Menschen?
Sind das nicht nur Farben?
Und dann eines Tages
hörte ich andere Worte,
las alte Texte,
öffnete neu meinen Sinn und meine Augen.
Tupoka Ogette zeigte mir Happyland.
Und so bewegte ich mich,
zögerlich nur,
immer näher an den Rand
meines gemütlich
eingerichteten Heimatland.
Unterwegs in Richtung Landesgrenze
erkannte ich
Vorteile, Chancen, Selbstverständlichkeiten – für mich.
all diese Dinge, die faktisch nicht alle Menschen haben,
genießen, bei sich tragen,
jedenfalls nicht Alia auf der Schulbank neben mir. //
Ich steck in dieser Haut, ich kann nicht einfach raus,
du steckst in deiner Haut, du kannst nicht einfach raus,
unsere Haut – nenn sie weiß, nenn sie Creme, nenn sie schweinchenrosa oder nenn sie beige!
Es liegt doch auf der Hand:
Wo ich Vorteile habe, haben andere Nachteile!
Wo Verlierer sind, gibt es auch Gewinner.
Peggy, eine alte weise Frau,
verlieh mir Worte für das bisher unaussprechliche,
– diese, meine weißen Privilegien:
- Ich kann frei entscheiden, die meiste Zeit in der Gesellschaft von Menschen zu sein, die wie ich weiß sind.
- Ich kann alleine einkaufen gehen und sicher sein, dass ich nicht verfolgt oder belästigt werde.
- Ich kann den Fernseher einschalten oder eine Zeitschrift lesen und dabei davon ausgehen, dass Menschen gut repräsentiert sind, die wie ich weiß sind.
- Ich kann ziemlich sicher sein, dass Lehrer und spätere Arbeitgeberinnen meine Kinder akzeptieren werden, solange sie sich dementsprechend verhalten. Niemals wird meine Hauptsorge um ihre Entwicklung die Frage nach der rassistischen Haltung anderer sein.
- ich kann fluchen, mit vollem Mund sprechen, mich danebenbenehmen, ohne dass Menschen das darauf zurückführen, dass ich weiß bin.
- Wenn ein Verkehrspolizist mich herauswinkt, kann ich gewiss sein, dass ich nicht ausgewählt wurde, weil ich weiß bin.
- Ich kann jederzeit Bilderbücher mit weißen Charakteren kaufen oder Puppen und Spielfiguren mit weißer Hautfarbe wie meine eigene.
- Ich kann sicher sein, dass der heilige Jesus, der in meiner Kinderbibel dargestellt wird, mir entspricht, denn auch er ist weiß.
- Ich kann zu spät zu einem Meeting kommen, ohne dass die Verspätung darauf zurückfällt, dass ich weiß bin.
- Ich kann Abdeckstifte, Pflaster oder Strumpfhosen in „Hautfarben“ kaufen und sie passen mehr oder weniger zu meiner Haut.
- Ich kann alleine oder mit meiner Familie reisen, ohne mit Verlegenheit oder Feindseligkeit zu rechnen.
- Ich kann sicher sein, wenn ich rechtliche oder medizinische Hilfe benötige, dann wird der Fakt, dass ich weiß bin, nicht gegen mich arbeiten.
- Wenn meine Kinder oder ich vor die Tür gehen, macht niemand affenähnliche Geräusche hinter unserem Rücken.
All diese Privilegien – sie schweben stets über mir.
Aber was ist mit meinen Freundinnen Alia, Joelle und Azada?
Leben sie ihr Leben, ihren Alltag auch auf diese Weise?
Wohl kaum!
Und das nur, weil ihre Haut nicht weiß ist, so wie meine?!
– war ich mir dessen bewusst? Nein!
Hier stehe ich
am Anfang meiner Reise,
erkenne, dass da noch so viel mehr ist.
Mehr als meine kleine,
mehr als meine weiße,
mehr als meine privilegierte Welt.
Hier stehe ich
und frage mich:
Wie es mit der Menschheit weitergeht?
Wie große Träume von Gerechtigkeit zur Wirklichkeit werden?
Ich weiß es nicht,
aber ich spüre: du und ich,
wir sind unterwegs und das ist ein guter erster Schritt.
Raus aus Happyland, hinein in die weite Welt.