Antisemitismus in Kunst und Kultur: Wie gehen wir damit um? (m. Michael Blume)

Weißt Du noch? Es ist schon etwas länger her, dass wir über den Film ‚300‘ gesprochen und uns heftig darüber aufgeregt haben. Unter anderem haben wir ihn als antisemitisch verstanden. Ist das wirklich so? Oder sind wir in unserer Kritik zu weit gegangen? Das wollten wir gerne von Michael Blume wissen, dem Beauftragten Baden-Württembergs gegen Antisemitismus. Michael war so freundlich, unsere Einladung anzunehmen. Deshalb konnten wir ihn fragen, wie er diesen Film findet, ob er ihn auch als antisemitisch bezeichnen würde und wie man überhaupt mit antisemitischen Aussagen und Bildern in Kunst und Kultur umgehen sollte. Mit seinen Antworten hat er uns durchaus immer wieder überrascht. Er selbst beispielsweise würde mit diesem Begriff sehr vorsichtig sein und stattdessen oft lieber ein anderes Wort wählen. Außerdem erklärt er uns, welche Motive hinter Verschwörungsmythen stecken und welchen Rat er uns geben würde für den Umgang mit problematischen Inhalten. Viel guter Stoff zum Anhören und drüber Nachdenken! Viel Spaß dabei!

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13 Kommentare

  1. Hey ihr,

    Tolle Folge! Es macht Spaß, Michael Blume zuzuhören und ich konnte viel für mich mitnehmen.

    Besonders, die Dinge wieder etwas differenzierter und weniger dualistisch (bzw nicht immer gleich dualistisch) zu deuten.

    Grüße

  2. Dualismus! Ich hasse ihn so! 😉
    (Jaja, ich weiß, das klingt schon wieder total dualistisch)

    Meine bevorzugte alternative Denkrichtung zum Dualismus wäre allerdings nicht Monismus, sondern Pluralismus.

      • Monismus gedacht als eine alles umfassende Grundstruktur (z.B. Gott oder das physikalisch messbare Universum) integriert den Pluralismus aber und löst ihn dadurch gewissermaßen auf, oder?

        • Wie kommst du darauf? Das hieße ja, dass im Monismus jede Ansicht als die Entsprechung von jeder anderen Ansicht gedacht würde. So nach dem Motto, du sagst rot, ich sage grün, eigentlich meinen wir beide in Wirklichkeit braun. Das sehe ich aber nicht so. Im Monismus ist die Frage nach Wahrheit ja nicht aufgehoben. Es wird ja gerade nicht alles als gleichwertig betrachtet (das hatte Michael im Talk mit Relativismus beschrieben). Es werden lediglich Deutungshoheiten mit a priori Machtansprüchen und ihre Welteinteilungen abgelehnt. Von daher, würde ich sagen, ist pluralistischer Austausch und konstruktiver Streit um die Wahrheitsfindung Ausdruck einer monistischen Weltsicht.

          LG,
          der Jay

          • Austausch und konstruktiver Streit zur Wahrheitsfindung okay, und am Ende gibt es eine für alles geltende, alles begründende, umfassende Wahrheit? So habe ich Monismus zumindest verstanden…
            Und da gehe gedanklich nicht mit, diese Wahrheit gibt es nicht, kann es nicht geben 😉

          • So habe ich Monismus nicht verstanden.
            Monismus versucht die Welt als Einheit zu begreifen und nicht als dualistischen Gegensatz. Das bedeutet aber nicht, dass hieraus eine „für alles geltende, alles begründende, umfassende Wahrheit“ extrahiert werden könnte. Anders ausgedrückt, Monismus würde eher versuchen eine Spannung als solche zu integrieren anstatt sie aufzulösen (ZB die Spannung zwischen konservativen und progressiven Werten/ Anschauungen wird nicht dadurch überwunden, dass eine Seite über die andere gewinnt, sondern, dass diese Spannung als Bestandteil der Welt angesehen wird).

            LG,
            der Jay

          • Die Welt als Einheit seh‘ ich nicht, es ist nicht möglich, alles, was existiert, in eine einzige alles umfassende (Grund)Struktur zu integrieren. (Sorry, hab gerade »Warum es die Welt nicht gibt« von Markus Gabriel gelesen und für gut befunden, und deshalb muss ich an der Stelle so pingelig sein 😉

          • Kein Problem. So macht das Diskutieren ja erst Spaß.
            Aber ist die Alternative dann eben nicht Dualismus? Und damit, ich muss den Gegner so lange bekämpfen, bis ich ihn besiegt habe?

            Und, die Welt ist doch da. Wieso sollte das keine Einheit sein?

            LG,
            der Jay

          • Eine Alternative ist Dualismus, die bessere aber wie gesagt Pluralismus.

            Warum es die eine Welt, die alles, was existiert, umfasst, nicht gibt? Zum Beispiel das Universum: Alles, was innerhalb der physikalischen Naturgesetze existiert. Gehört Gott dazu? Teilweise, aber nicht vollständig, weil er ja nicht den Naturgesetzten unterworfen ist, sondern auch im Metaphysischen existiert. Ist dann Gott alles, also die Welt? Könnte man meinen, dann wäre Gott aber auch böse, denn das Böse existiert, und wenn Gott alles in sich vereint, dann eben auch das Böse.

          • Hm. Irgendwie reden wir aneinander vorbei, glaube ich. Pluralismus wäre für mich eine Spielart von Monismus. Deine Abgrenzungen kommen mir etwas arg dogmatisch vor. Aber vielleicht verstehe ich sie auch nur nicht.

            LG,
            der Jay

  3. Sehr gute Folge!
    Was mich, als Geschichts-Nerd und Mythenfan an „300“ unter Anderem stört, ist der düstere „Spartaner-Mythos“, der die Realität einer autoritären und militaristischen, aber im Kern von der anderer griechischer Staaten gar nicht so verschiedenen Gesellschaft ins gruselig-negative verzerrt. Auch Michael beschreibt die Spartaner als eine bildungsfeindliche Gesellschaft, in der Mord quasi Tugend war. Es gab z. B. hervorragende spartanische Dichter und Künstler, spartanische Musiker und Tänzer wurden bewundert Diese stark übertriebene Darstellung geht einerseits auf athenische Propaganda zurück anderseits auch auf Bewunderer des wohlgeordneten spartanischen Staates, zu denen übrigens auch der Demokratiefeind Plato gehörte, denen z. B. die harte Erziehung und die Unterordnung des Einzelnen unter die Gemeinschaft gut gefielen.
    Alles in Allem hat Sparta bei Demokraten einen schlechten Ruf. Was für Faschisten im Allgemeinen und Nazi im besonderen bemerkenswert ist: Sie leugnen gar nicht die (angebliche) Menschenverachtung Spartan, sie finden sie gut. Etwas ähnliches passierte den Wikingern: Rechtsextreme Wikinger-Fans finden das auf Darstellungen ihrer Gegner zurückgehende Klischee der räuberischen, brutalen, ungebildeten Krieger attraktiv und wollen im Grunde nichts von den real-historischen Nordeuropäern des frühen Mittelalters wissen: Wikinger als Bauern und Händler? Wie langweilig!
    Zurück zu „300“: Was diesen Film für mich erträglich und sogar halbwegs unterhaltsam macht, ist, dass er erkennbar nicht ernst gemeint ist. Es geht gar ja nicht um reale Perser und Griechen. Das Problem ist aber, dass dieser Film hochgradig dualistische „schlechte Mythen“ nacherzählt und verstärkt.

    • Schwieriges Thema. (Disclaimer, hab den Podcast noch nicht gehört, mache ich noch.)
      Aber der Autor von 300, Frank Miller, hat, Gerlinde gesagt, eine ungute Faszination für faschistische Figuren und Problemlösung durch Gewalt. Was du also als komisch überzeichnete Fantasy empfindest, könnten er und die Filmemacher tatsächlich total geil finden.
      Dann noch die Darstellung der „Bösen“: Ein behinderter Verräter, ein effeminiert wirkender Xerxes… Und zugleich immer diese halbnackten Bodybuilder, da könnte man fast an eine unterbewusste homosexuelle Wunscherfüllung des Autoren glauben. Schräger Film. Spannend anzusehen, weil optisch irre, inhaltlich jedoch übelster Schrott.

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