Es ist nicht immer leicht zu erkennen, wo der Übergang liegt zwischen ’schön‘ und ‚kitschig‘. Hat das etwas mit der Aussage eines Kunstwerkes zu tun? Darf sich Kunst ein bisschen heile Welt leisten? Ab wann wird das unglaubwürdig, vielleicht sogar peinlich? Wir sind von Julia auf dieses Thema gestoßen worden. Sie hat uns eine Email geschrieben, in der sie fragt:“Wie geht Kunst, die dafür ist, anstatt dagegen? Wie kann eine Künstler*in sich einsetzen für Hoffnung, für Liebe und meinetwegen auch für Glaube und dabei trotzdem nicht in die Weichspüler- bzw. Friede-Freude-Eierkuchen-Ecke abgedrängt werden?“ Gute Frage, finden wir und haben uns an die Arbeit gemacht. Aber hört selbst.
Gofi erwaähnt im Talk übrigens dieses Buch:
Horst Schwebel: Die Kunst und das Christentum – Geschichte eines Konfliktes
Eine Folge, die nur so vor weiteren Fragen quillt.
Kann Kunst sich auch selbst überflüssig machen? In 100 Jahren könnte man das Bild der knutschenden Polizisten ansehen und sich gar nichts mehr dabei denken – oder es könnte irgendwann wieder aus einem ganz anderem unerfindlichen Grund aktuell werden… oder einfach auch wieder deswegen, dass wieder gewisse Regelungen in Kraft treten.
Ansonsten wünsche ich mir mehr Beispiele, gerade, was den Schlager angeht, der m.E. auch von den „Deutschen Liedermacher“ abgegrenzt werden müsste. Reinhard Mey hatte sehr tiefgründige Texte, Michael Holm usw.
Aber bei „Kreuzberger Nächte“ – da werde ich schwach, das ist so grenzdebil und dennoch in sich stimmig, dass ich das einfach abfeiere.
Und bei „Du kannst nicht immer siebzehn“ sein, ja da glimmt doch auch etwas Lebensfeuer mit, dass man nur spüren und kaum im Werk selbst finden wird.
Vielleicht findet sich mal Raum für eine Folge, in denen ihr guten und schlechten Schlager auseinandersetzt. Was dazu passen würde? Für die Hörer ne Playlist und für die Erben ein, zwei Weinchen, damit es fröhlich und deftig werde 😀
Ansonsten sehe ich zurzeit ja wieder Bridgerton *SCHÄM“, aber hier übertreibt man es mit dem Kitsch so sehr, dass es wieder passt.
Der Gedanke mit Gofis blutbeschmierter Putte (?) ist zwar nett, aber ich musste da an dubiosen Trash wie „Stolz & Vorurteil mit Zombies“ denken; da könnte man auch meinen, dass das Konzept gebrochen wird, aber irgendwie halt auch nicht. Und überhaupt: Trash, darauf seit ihr noch gar nicht zu sprechen kommen. Gehört Trash in den Müllereimer oder kann man ihm doch irgendwo einen Schrein zuerkennen?
Zum Thema: „Heile Welt“
Es gibt ja auch die Waltons und Unsere Kleine Farm, in der die Welt zwar heil, aber niemals ohne Herausforderungen im Großen wie im Kleinen ist. Und doch verstehe ich die Kritik des überzeichneten Idyll. Vielleicht ist das die Frage, die hinter allem Kitsch steckt: Wie viel Idylle hält der Mensch aus?
Mir fiele ad hoc kein Werk ein, in dem die Idylle dekonstruiert wird.
Welche Filme meint denn Jay mit „Tarantino“-Abklatsch, der ja seinerseits ziemlich viel abklatscht?
Damit es nicht untergeht: Ist das Jays Imdb? https://m.imdb.com/user/ur0629008
Moin Kriti-Sir,
ja, das ist mein Imdb Profil. 🙂
Welche konkreten Filme ich mit dem Tatrantino-Abklatsch meine? Das fällt mir jetzt Ad-Hock etwas schwer zu beantworten. Aber ich weiß, dass ich in den letzten 25 Jahren haufenweise Filme gesehen habe, bei denen ich das gedacht habe. Und eben, dass es bei einigen davon irgendwo zwischen peinlich und peudo war und aber bei anderen durchaus auch gut funktioniert hat.
Trash wäre wirklich ein gutes Thema. Cool. Da hätte ich, jedenfalls was die Filmwelt angeht, einiges zu beizutragen. 🙂
Wieviel Idylle hält der Mensch aus? SEHR coole Frage. Darauf müssen wir unbedingt mal zurück kommen..
LG,
der Jay
,,Gute Nacht Freunde, es ist Zeit für mich zu gehn* was ich noch zu sagen hätte dauert eine Zigarette und ein gutes Glas im steh’n“ von Reinhard Mey
Hicks.
Prost, Herbert!
Vielen Dank für die Folge!
Ich finde den Gedanken interessant, dass Dafür-Sein auch Dagegen-Sein heißt und vice versa, aber ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich stimmt. Auch wenn das Dagegen-Sein viele Dafürs impliziert, ist es ein Unterschied, ob ich sage: ‚Ich liebe dich‘ oder ‚Ich hasse dich nicht‘.
Die These, dass es in jedem affirmative n Kunstwerk auch ein bischen Zerstörtheit braucht, bzw. dass ein strikt nihilistisches Kunstwerk, ein Wiederspruch in sich ist, find ich auch sehr interessant. Wobei ich mich frage: Ist Bachs Musik affirmativ? Ich bin zwar kein besonders guter Bachkenner, aber soweit ich weiß und das wahrnehme, bejaht Bach in seinen Werke die Ordnung der Welt, die Schöpfung und vielleicht auch die Gerichtetheit (das Schicksalhafte und positiv Vorherbestimmte; dass alles seine Richtigkeit hat, nehme ich zumindest in einigen seiner Werke wahr) der Dinge, was u.a. auch in seinen Fugen zum Tragen kommt – Naja, egal, da bin ich kein Profi. Aber ich würde ihn als ein Gegenbeispiel zu der Überlegung anführen.
Ich hätte einen anderen Vorschlag und es würde mich interessieren was ihr davon haltet: Kunst muss sich immer an der Wirklichkeit messen lassen. Die Verachtung für Schlager kommt aus meiner Sicht nicht von der formalen Schlichtheit (aus meiner Wahrnehmung kommt z. B. auf der harmonischen Ebene z. T. eine größere akkordische Vielfalt vor, als bei vielen Folk-Songs), sondern weil sich der Text und eventuell auch die klangliche Gestaltung mit der Realität nicht vereinbar ist. Auch euer Banksy-Beispiel erhält seine Kraft durch den Abgleich mit der Realität.
Demnach würde ich Julia auf ihr Frage antworten: Es darf soviel affirmatives wie möglich in einem Kunstwerk vorkommen, solange es mit der Wirklichkeit vereinbar ist, bzw. so charmant damit bricht, wie bei Banksy!
Meine kritischen Nachfragen sind in der eingangs beschrieben Yin-Yang-Logik eine affirmative Tat. Und das sind sie wirklich… Ich feiere euch und euren Podcast fett – 🥳🥳🥳
Danke Klemens! Wir feiern dich auch! Sorry für das verspätete Veröffentlichen des Kommentars. Wir sind grad auf Tour. Liebe Grüße aus Hamburg. Zu Hause werde ich noch mal ausführlicher antworten.